Die Sache mit den Lehrbüchern
dass die meisten Lehrbücher für Anfänger Japanisch mit vorgefertigten Phrasen für bestimmte Situationen lehren ohne aber zu erklären, wie die Sprache bzw. das Denken darin überhaupt funktioniert. Das heißt, ihr wisst bei bestimmten Sachverhältnissen über den genauen Gesprächsablauf Bescheid und könnt dadurch Konversation führen. Es wird euch zum Beispiel beigebracht, wie man sich selbst vorstellt. Wenn es dann im Alltag dazu kommt, könnt ihr das Gelernte wiederaufrufen und anwenden – und zwar so als würde man die Schublade eines Regals öffnen und die Dinge darin präsentierten. Gut, oder? Nein, denn…
Das Studium der Sprache verkommt zu bloßem „Schubladendenken“!
Denn findet ihr euch plötzlich in einer Situation, die ihr vorher nicht gelernt oder noch nicht erlebt habt und somit kein passendes „Schubladenfach“ dazu öffnen könnt, wird euch bewusst, dass simples Auswendiglernen in einer Sackgasse endet.
Für Japanischinteressierte, die mal so eben für den Urlaub ein paar Sätze benötigen, reicht Auswendiglernen natürlich vollkommen aus.
Um aber zu veranschaulichen, dass „Schubladenlernen“ nicht genügt ist hier mal eine Phrase, die Lernenden gleich in Lektion 1 in Form einer Überschrift an den Kopf geworfen wird (vielleicht errät jemand das Buch ;P):
„Hajimemashite“ (初めまして) !
Weil es zur Floskel der Selbstvorstellung gehört übersetzt man es allgemein oft mit: „Ich bin erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.“(Wadoku.de🡒). Obwohl es eher „Es ist das erste Mal, dass wir uns treffen.“ bzw. wortwörtlich einfach nur „(Ich) beginne…“ bedeutet.
Wenn man das Ziel hat Japanisch so schnell wie möglich beherrschen zu wollen liegt hier jedoch der Hund begraben. Denn es ergeben sich ein paar Probleme für Anfänger:
Es ist nicht nur ein Wort, sondern es sind mehrere Verben (Hauptverb und Hilfsverben)
Es enthält zwei verschiedene Verbkonjunktionen ( 2x Masu-Form und 1x Te-Form)
Es ist deswegen höfliche Sprache
Ihr habt ca. 4 essentielle grammatikalische Grundlagen einfach übersprungen
All das verkompliziert den Lernprozess später nur unnötig
Gratulation also! Mit Auswendiglernen hättet ihr eurem Gegenüber nun bewiesen, dass ihr höflich seid, Haupt- und Hilfsverben kombinieren und diese dazu noch auf verschiedene Arten konjugieren könnt. Dabei wart ihr gerade mal bei Lektion 1 und habt nur die Überschrift vorgelesen.
Es hat euch keiner darüber aufgeklärt, warum man es so sagt um höflich zu sein. Es erklärt euch hier auch keiner, wie man es auf andere Verben anwendet und somit bleibt euch ein Teil des Grundverständnisses der Sprache verwehrt. Und das alles nur um Japans Vorstellungen der Höflichkeit gerecht zu werden.
Aber Höflichkeit ist doch wichtig, oder?
Natürlich ist sie das! Besonders in Japan. Das wird wohl auch der Grund sein, weswegen die Mehrheit der Lehrmaterialien ihre Schwerpunkte darauf setzen. Aber allein schon der Umstand, dass ihr überhaupt versucht, die japanische Sprache zu sprechen wird eure japanischen Zuhörer so sehr beeindrucken, dass sie über eventuelle Etikettenbrüche hinwegsehen.
Wie soll man dann beginnen Japanisch zu lernen?
Die leichtere und effektivere Methode wäre, wenn ihr ganz einfach ungeachtet des gesellschaftlichen Standes eures Gesprächspartners zu sprechen lernt. Das heißt, man fängt mit einfachen Sätzen an und arbeitet sich Schritt für Schritt voran. Und zwar so wie es kleine Kinder in Japan eben auch tun. Denn Eltern sprechen keine Höflichkeitssprache mit ihren Kindern – warum sollten sie auch?
Ein solider Anfängerkurs stellt deswegen die Höflichkeiten hinten an, fokussiert sich darauf, dass der Lernende ein grundlegendes Verständnis der japanischen Sprache erreicht, grammatikalische Strukturen nachvollziehen kann und dadurch Fähigkeiten für ein fortführendes Selbststudium erlangt.
Konkret bedeutet das die Funktion von Substantiven, Partikeln, Adjektiven, Verb- und Verbkonjugationen und Adverbien zu verstehen, den richtigen Umgang damit zu erlernen und generelle Satzstrukturen zu wiederholen. So baut man sukzessiv aufeinander auf und fördert - ich nenne es mal - "Aha-Momente". Denn bereits Erlerntes wird später in ähnlicher Form wiederauftauchen und ist dann sofort ganz einfach auf neue Grammatik anwendbar - der Kreis schließt sich!
Letzten Endes muss natürlich jeder für sich selbst *die ideale individuelle* Lernmethode finden.
Setzt man jedoch die Schwerpunkte wie eben beschrieben, wird man schnell merken, dass die japanische Sprache – auch wenn sie sich vom Deutschen recht stark unterscheidet - bisweilen nicht so schwer ist, wie viele behaupten. (Das Schriftsystem und Vokabeln muss man trotzdem noch pauken. :P)